PM light • keine Raketenwissenschaft

Warum so aufgeblasen?

Sieht man sich aktuelle Zertifizierungen im Bereich Projektmanagement an, kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus. Riesige Druckwerke sind die Grundlage einer Projektmanagementausbildung. Ich möchte da gar nicht auf den Inhalt eingehen, die Seitenzahl sagt schon genug aus.

Warum muss eine einfache Ausbildung eines Projektmanagers so umfangreich sein? Ich weiß es nicht und es ist sicher auch nicht nötig. Vielleicht macht viel viel her oder Selbstzweck ist der Antrieb. Ich kann da nur spekulieren.

 

Geht es auch einfacher?

Selbstverständlich braucht man für den Job eines Projektmanagers nicht dieses komplette Wissen. Die grundlegenden Kenntnisse sind eher überschaubar und soziale Kompetenzen lassen sich nunmal nicht in einem Kurs erlernen. Diese sollte man sich auf seinem Entwicklungsweg zum Projektmanager in einigen Jahren davor aneignen. Das nennt man dann auch Charakter. Da gibt es auch kein Zertifikat für. Ein guter Vorgesetzter erkennt die Möglichkeiten seiner Projektleiter und Projektmanager hinsichtlich der “sozialen” Eignung. Eine “Nichteignung” kann auch kein Kurs geradebügeln.

Die wenigen technischen Grundlagen des klassischen Projektmanagements lassen sich an den Fingern abzählen und bedürfen einer ständigen Übung. Wer in einem kreativen Umfeld arbeitet, der benötigt dann zusätzlich einige Kenntnisse im agilen Umgang mit Problemen und Aufgabenstellungen. Leider wird diese Form des Projektmanagements in heutiger Zeit maßlos überschätzt.

 

Projektmanagement light?

Einfaches klassisches Projektmanagement ist überschaubar, in kurzer Zeit erlernbar und ist nichts weiter als “best practice”, abgesehen von einigen kleinen Ausnahmen. Es ist sicherlich keine Wissenschaft im herkömmlichen Sinn. Was mach einfaches Projektmanagement aus? Einfaches Projektmanagement besteht aus wenigen Vorgehensweisen, die sinnvoll miteinander verknüpft und selbstverständlich auch im Laufe eines Projektes anpassbar sind. Huch, das ist wohl schon “agil”?

 

Agiles Projektmanagement

Wenn man sich die gängigen “Beschreibungen” von Agilität im Arbeitsumfeld ansieht, dann erfindet dort jeder seine eigene Wirklichkeit, wie er es gerade benötigt. Oft wird durch “agiles Vorgehen” nur die eigene Unkenntnis verschleiert. Außerdem hat man ja immer Ausreden für den evtl. vorprogrammierten Misserfolg, da das Ergebnis ja offen war.

Klassisches Projektmanagement war schon immer “agil”, denn das agile Vorgehen ist ein Grundbaustein der einzelnen Vorgehensweisen. Wann man “agil” im Sinne verschiedener Techniken, wie “Kanban” oder “Scrum” (hier einfach einen Begriff einsetzen, der gerade “in” ist) anwenden kann, hängt einzig und allein vom Ergebnis eines Projektes ab. Ist das Ergebnis vorbestimmbar, ist klassisches Projektmanagement der Schlüssel zum Erfolg. Was soll an einem Hausbau agil sein? Oder an einer Fabrik, einem Containerschiff, einer Eisenbahnstrecke, eines Rechenzentrums, neuer Glasfaserkabeltrassen, Solarfelder, Windparks, einer Maschine oder einer Veranstaltung? Alles Projekte, die insgesamt einen sehr großen Teil der Investitionen eines Landes verschlingen und welche allesamt mit klassischem Projektmanagement bewältigt werden können. Warum ist das so? Weil das Ergebnis vorher feststeht. Ist dies nicht der Fall, handelt es sich um eine schlechte oder unvollständige Planung, die dazu führt, dass das Projekt viel teuer und viel länger dauern wird. Das ist übrigens der Grund, warum große Projekte genau diese Probleme haben. Es wird keine echte Planung betrieben, sondern nur “Schönrechnerei”, damit das Projekt auch in den Haushalt passt und “schön” aussieht.

Natürlich ist agiles Projektmanagement oder adäquate Methoden – welche oft sehr einfach sind – sinnvoll, wenn ein Ergebnis nicht vorab feststeht oder feststehen kann, wie das im Grunde genommen immer bei einer Grundlagenforschung der Fall ist. Die IT-Branche schwärmt am meisten von agilem Vorgehen. Mitnichten ist die Einführung eines ERP-Systems in einem Unternehmen ein solcher Fall, denn auch hier steht bei sorgfältiger Analyse und Planung fast alles von vornherein fest. Risiken ausgenommen, die es bei jedem Projekt gibt und dafür gibt es auch das Risikomanagement. Auch bei vielen anderen IT-Projekten steht das Ergebnis genau fest und muss nur abgearbeitet werden. Andere Projekte jedoch müssen “agil” durchgeführt werden, da die Ergebnisse noch unbekannt sind und oft nur Wünsche als Ausgangslage vorhanden sind. Da macht das Ganze dann auch Sinn. Die meisten Projekte basieren jedoch nicht auf “Wünschen”, sondern auf konkret “gewünschten Ergebnissen” und werden auch so beauftragt.

 

Die Urform des Projektmanagements

Das klassische Projektmanagement war “light” genug und basiert im Grunde genommen auf einer sehr einfachen Vorgehensweise mittels folgender Vorgehensweisen, welche auch in abgewandelter Form zum Einsatz kommen können, wenn es das Projekt erfordert:

  • Definition des Auftrages (oft auch “Ziele” genannt)
  • Definition der Auftragsbedingungen (auch Umfeldanalyse genannt)
  • Definition grober zeitlicher und inhaltlicher Benchmarkpunkte (zum Beispiel in Form eines Phasenplans)
  • Strukturierung des Projektes in Einzelteile (Projektstrukturplan) • basierend auf einer technischen Planung
  • Ermittlung der technischen Abfolge (Terminpläne, besser Netzpläne)
  • Ermittlung der benötigten Ressourcen (Einsatzmittelplanung)
  • Ermittlung der Kosten (Kostenplanung)
  • Risikonalyse
  • Vertragserstellung und Unterzeichnung
  • Herstellung der Inhalte (Projektdurchführung; Kontrolle der Inhalte, und Abläufe)
  • Änderungsverträge bei notwendigen Veränderungen zu Inhalt, Terminen und Kosten (Änderungsmanagement)
  • Abschluss und Übergabe (inkl. Dokumentation und Auswertung)

 

Bis zur Vertragserstellung werden alle Schritte so oft wiederholt/optimiert, bis die gewünschten Ergebnisse des Auftraggebers seinen Vorstellungen und Ressourcen entsprechen. Danach werden neue Wünsche in Projektänderungen münden, ebenso wie eingetretene Risiken, wenn sie nicht durch Maßnahmen eingedämmt werden konnten. Diese Vorgehensweise reicht für alle klassischen Projekte aus.

 

Was ist besonders wichtig?

Eindeutig wichtig sind folgende Leistungen, denn sie bestimmten die Unzuverlässigkeit der gesamten Projektdurchführung:

  • Genauigkeit der technischen Planung
  • Umfeldanalyse
  • Strukturierung und Netzplanung
  • Risikoanalyse

Die Qualität der der technischen Planung und die Umsetzung der Projektmanagementmethoden bestimmen über den Erfolg eines klassischen Projektes.

“Moderne” Projektmanager kennen sich zwar in “agilen” Methoden aus und kennen noch einige Dinge mehr, die man im Projekt eher am Rande benötigt aber kapitulieren vor grundlegenden Methoden, wie der Netzplanung. Man braucht sich dann nicht zu wundern, dass einfache Bauprojekte bereits zum Scheitern verurteilt sind.

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